Was bedeutet die Abstimmung vom 25. September 2022 für das Projekt Neugasse?
Abstimmungsfrage.
Was passiert, wenn die Initiative «Eine Europaallee genügt – jetzt SBB-Areal Neugasse kaufen» am 25. September 2022 angenommen wird?
Stimmt eine Mehrheit der Stimmbevölkerung JA, gilt die Initiative als angenommen. Das bedeutet Abbruch des Projekts Neugasse.
Damit entstehen keine günstigen Wohnungen und kein günstiger Gewerberaum, kein Schulhaus und keine zusätzlichen Grün- und Freiräume. Das Areal wird nicht verkauft, sondern verbleibt im Eigentum der SBB und in der geltenden Bauordnung. Die aktuelle Nutzung für den Bahnbetrieb wird beibehalten.
Ein neues Projekt oder weitere Verhandlungen sind ausgeschlossen.
Was passiert, wenn die Initiative «Eine Europaallee genügt – jetzt SBB-Areal Neugasse kaufen» am 25. September 2022 abgelehnt wird?
Stimmt eine Mehrheit der Stimmbevölkerung NEIN, gilt die Initiative als abgelehnt. Das bedeutet, die SBB und die Stadt Zürich setzen das Projekt Neugasse fort.
Das bis anhin für die Bevölkerung unzugängliche Areal Neugasse wird geöffnet. Es entsteht Wohnraum für rund 900 Menschen (jeweils 1/3 gemeinnützig, preisgünstig und mittleres Marktsegment), neuer und günstiger Gewerberaum sowie zusätzliche Grün- und Freiflächen. Zudem wird für das Quartier und die neuen Bewohnerinnen und Bewohner eine Schule mit den entsprechenden Sport- und Pausenplätzen gebaut.
Die nächsten Schritte in diesem Fall: Es wird ein Gestaltungsplan erarbeitet und dem Gemeinderat vorgelegt. Gleichzeitig wird die Nutzung von einer Gewerbezone auf eine Wohnzone angepasst.
Das Projekt «Neugasse» in Kürze.
Heute wohnen in der Neugasse rund 50 Personen. Wird die Neugasse gemäss einem der grössten Mitwirkungsverfahren auf Stadtgebiet, der Masterplanung sowie der Vereinbarung mit dem Zürcher Stadtrat entwickelt, werden es einmal rund 900 Bewohnerinnen und Bewohner sein. Ein Drittel von ihnen wird preisgünstig, ein Drittel gemeinnützig wohnen – umgeben von grosszügigen Grün- und Freiräumen, die allen Quartier- und Stadtbewohner:innen offenstehen. Zudem wird das Areal zum Arbeits- und Bildungsort mit Gewerbe- und Gemeinschaftsnutzungen (etwa 250 Arbeitsplätze) sowie einer Schule und einem Kindergarten für rund 200 Schülerinnen und Schüler. Die historische Lokomotivremise bleibt als Zeitzeuge der ehemaligen Nutzung erhalten. Nicht zuletzt wird die Anbindung an den Bahnhof Hardbrücke verbessert und das Areal als autoarme Erweiterung des bestehenden Quartiers geplant.
Die wichtigsten Fragen und Antworten.
1. Die SBB kann mit der Initiative nicht zum Verkauf gezwungen werden. Weshalb will die SBB das Projekt bei einem JA zur Initiative abbrechen?
Für das Projekt braucht es als nächsten, wichtigen Schritt einen Gestaltungsplan, der vom Gemeinderat genehmigt werden muss. Der Gestaltungsplan wäre bei einem JA zur Volksinitiative im Gemeinderat politisch chancenlos. Nachverhandlungen mit dem Stadt- oder Gemeinderat werden zudem vonseiten SBB ausgeschlossen. Deshalb würde auch die Weiterbearbeitung des Projekts keinen Sinn machen.
2. Wie viele preisgünstige und gemeinnützige Wohnungen entstehen in der Neugasse und was kosten diese?
Bis voraussichtlich 2031 entstehen in der Neugasse 375 neue Wohnungen für rund 900 Bewohnerinnen und Bewohner.
Davon wird ein Drittel durch Wohnbaugenossenschaften gemäss den Vorgaben der kantonalen Wohnbauförderung im Baurecht erstellt und zur Kostenmiete abgegeben (als Beispiel: Eine Dreizimmer-Wohnung mit 75 m2 kostet im Durchschnitt pro Monat rund 1400 Franken).
Ein weiteres Drittel baut die SBB selbst im preisgünstigen Segment (im Durchschnitt rund 1850 Franken). Die Mieten dieser preisgünstigen Wohnungen werden gemäss Vereinbarung mit der Stadt Zürich langfristig vertraglich abgesichert. Dies geschieht mittels einer Personaldienstbarkeit, welche im Grundbuch eingetragen wird mit der maximal zulässigen Gültigkeit bis 2070. Darin ist auch geregelt, dass die Mieten frühestens ab 2040 erstmals aufgrund einer Erhöhung des Referenzzinssatzes gemäss OR (Obligationenrecht) angepasst werden dürfen. Zudem werden die Nebenkosten mit der Personaldienstbarkeit gedeckelt.
Das letzte Drittel der entstehenden Wohnungen findet sich im mittleren Marktsegment (im Durchschnitt rund 2450 Franken).
Auf dem gesamten Areal werden keine sogenannten «Luxuswohnungen» erstellt und die Vermietung von Zweitwohnungen ist ebenso ausgeschlossen wie Stockwerkeigentum.
3. Was passiert 2070 nach Ablauf der Personaldienstbarkeit: Kann die SBB dann die Mieten auf einen Schlag massiv erhöhen?
Nein, die SBB kann die Mieten nicht schlagartig erhöhen. Ab 2071 ist der Mietzins wieder an den Referenzzinssatz gekoppelt. Das heisst, der Mietzins folgt der Entwicklung des Referenzzinssatzes nach oben oder unten – so wie das üblicherweise bei einem Wohnmietverhältnis der Fall ist.
4. Was bringt die Neugasse dem Quartier abgesehen von neuem Wohnraum?
Die Neugasse ist heute ein geschlossenes Areal. Mit der Arealentwicklung wird es für die Bevölkerung zugänglich gemacht. Es entstehen neue Grün- und Freiräume, die allen offenstehen. Dazu kommen Gewerbe- und Gemeinschaftsnutzungen sowie eine Schule und ein Kindergarten für rund 200 Schülerinnen und Schüler. Die historische Lokomotivremise bleibt als Zeitzeuge der ehemaligen Nutzung erhalten. Dort entsteht in enger Abstimmung mit der kantonalen Denkmalpflege unter anderem ein weitgehend gedeckter Freiraum.
Weiter ist die Neugasse klimaneutral und kreislauffähig. Das heisst, die Gebäude werden ressourcensparend und energieeffizient geplant, gebaut und betrieben. Neben dem selbstverständlichen Verzicht auf fossile Energieträger, ist die Beschränkung des Energieverbrauchs auf 2000 Watt pro Kopf und Jahr geplant. Die Neugasse ist optimiert für den Langsamverkehr und autoarm. Mit ihrer Gestaltung leistet die Neugasse einen Beitrag zu Hitzeminderung und Biodiversität.
Schlussendlich ermöglicht die Neugasse eine verbesserte Verbindung zum Bahnhof Hardbrücke.
5. Wurde die Bevölkerung in die Planung der Neugasse einbezogen?
Ja, die SBB ging mit dem Mitwirkungsverfahren von 2017 neue Wege. Es handelte sich um eines der grössten, in Zürich je durchgeführten Verfahren, das zudem zu einem sehr frühen Zeitpunkt stattfand: Das städtebauliche Entwicklungskonzept stammt direkt aus dem Mitwirkungsprozess. Dessen Ergebnisse sind in Form der Planungsgrundsätze und der sogenannten «Situationen» verbindlich für die weitere Planung und Umsetzung (vgl. Masterplanbericht S. 30 f.).
6. Wurde der Neugasse-Boden enteignet und konnte von der SBB somit günstig gekauft werden?
Die SBB hat das Neugasse-Areal nicht günstig gekauft oder gratis erhalten, sondern einen von unabhängiger Stelle geschätzten, fairen und marktüblichen Preis bezahlt.
Für den Kauf des heutigen Neugasse-Areals waren 27 Handänderungen nötig. In neun Fällen wurden sich SBB und Verkäufer über den Preis einig. In den übrigen Fällen waren die Eigentümer zwar verkaufswillig, aber man konnte sich nicht bezüglich Preis oder Umfang des Kaufs einigen. In der Folge wurde das Enteignungsverfahren eingeleitet.
Im Enteignungsverfahren wurde der Verkaufspreis von einer unabhängigen Stelle geschätzt. Die Eigentümer und die SBB akzeptierten dieses Schätzergebnis als fairen und marktüblichen Verkaufspreis (vgl. städtischer Bericht Landkäufe Neugasse und auch Folgefragen/-antworten).
7. Weshalb konnte für den Neugasse-Boden überhaupt ein Enteignungsverfahren eingeleitet werden?
Wird Boden für den Bahnbetrieb benötigt, so kann – falls keine Verhandlungslösung zwischen Grundeigentümer und Bahnbetreiber gefunden wird – ein Enteignungsverfahren eingeleitet werden. Dieses Vorgehen ist im Eisenbahngesetz geregelt und kommt auch heute noch zur Anwendung.
Enteignen heisst aber nicht geschenkt bekommen. Die SBB muss immer einen fairen Preis für das Land bezahlen – früher genauso wie heute.
8. Hat die SBB den Neugasse-Boden viel zu günstig erhalten?
Nein. Im Rahmen der Enteignungsverfahren legte die Eidgenössische Schätzungskommission den Verkaufspreis fest. Sie berücksichtigte dabei alle Preisfaktoren wie mögliche Nutzung, erlaubte bauliche Ausnützung, Lage und so weiter. Darüber hinaus wurden die Mehrwerte aus der guten Erschliessung durch Bahn und Strasse abgegolten. Entschädigt wurden aber auch alle Nachteile, welche sich aus der Enteignung ergaben, so bspw. Umzugskosten oder Umsatzausfälle inklusive Zinsen.
Im Resultat bezahlte die SBB marktübliche Preise für den Neugasse-Boden (vgl. städtischer Bericht Landkäufe Neugasse).
9. Weshalb will die SBB das Neugasse-Areal entwickeln?
Aktuell wird das Areal für den Bahnbetrieb genutzt. Das heisst, es werden Service- und Unterhaltsarbeiten an Zügen durchgeführt.
Mit dem Verschieben der Unterhaltsarbeiten auf andere Anlagen kann das Areal gemäss der 2016 mit dem Stadtrat vereinbarten Strategie «SBB Areale West » umgenutzt und zusätzlicher Wohnraum an zentraler Lage geschaffen werden. Dies im Sinne der strategischen Vorgaben, nach denen die SBB für den Bahnbetrieb nicht mehr benötigte Areale in Zusammenarbeit mit Städten und Gemeinden gezielt entwickeln soll (vgl. strategische Ziele für die SBB).
10. Weshalb baut die SBB an der Neugasse nicht rein gemeinnützig?
Die SBB hat den Auftrag, mit ihren Immobilien langfristig einen Beitrag an ein finanziell gesundes Bahnsystem zu leisten (vgl. strategische Ziele für die SBB). Die für die Neugasse ausgearbeitete Drittelslösung (gemeinnützig, preisgünstig, mittleres Marktsegment) berücksichtigt, dass die SBB hierfür ein ausgewogenes Wohnungsportfolio braucht. Darüber hinaus trägt preisgünstiges Wohnen aus Sicht der SBB zu vielfältigen und lebendigen Quartieren bei.
11. Wieso baut die SBB an der Neugasse Wohnungen mit hohen Mieten?
Die SBB fokussiert nicht auf die Entwicklung von Wohnungen im Hochpreissegment. Auch mit dem Drittel der Wohnungen, deren Mieten sich am Markt orientieren, geht die SBB ganz bewusst nicht ans Limit, vgl. oben 2450 Franken für eine Dreizimmerwohnung. Damit bewegt sich die Miete im mittleren Marktsegment.
Das heisst: Auf dem gesamten Areal werden keine sogenannten „Luxuswohnungen“ erstellt und die Vermietung von Zweitwohnungen ist ebenso ausgeschlossen wie Stockwerkeigentum.
12. Weshalb verkauft die SBB die Neugasse nicht oder gibt sie ganz im Baurecht ab?
Basierend auf den strategischen Vorgaben des Bundesrates verfolgt die SBB seit rund 20 Jahren eine konsistente Strategie zur Entwicklung von Bahnhöfen und deren Umfeld (vgl. strategische Ziele für die SBB). Das Ziel sind langfristig wiederkehrende Beiträge für ein finanziell gesundes Bahnsystem.
Mit Landverkäufen oder umfassenden Abgaben im Baurecht kann dieses Ziel nicht erreicht werden.
13. Was passiert mit den Mieteinnahmen aus der Neugasse?
Die SBB ist eine integrierte Bahn (vgl. Strategie SBB). Geld, das die SBB mit Immobilien verdient, verbleibt vollumfänglich im Bahnsystem. Damit werden Kunden, Steuerzahlende und die öffentliche Hand entlastet (vgl. strategische Ziele für die SBB).
14. Die SBB hat gemeinsam mit Bund und Genossenschaften einen Rahmenvertrag für die Abgabe von SBB Land im Baurecht erarbeitet: Kommt dieser in der Neugasse zur Anwendung?
In der Neugasse entsteht ein Drittel gemeinnütziger Wohnraum. Bei der Vergabe der entsprechenden Baurechte kommt der Rahmenvertrag zur Anwendung. Der Rahmenvertrag ermöglicht ein standardisiertes und damit einfacheres und schnelleres Vorgehen beim Abschluss von Baurechtsverträgen. Er regelt aber nicht den Anteil an gemeinnützigem Wohnraum auf einem bestimmten Areal.
15. Die SBB hat angekündigt, dass sie zukünftig die Hälfte ihrer Wohnungen preisgünstig anbieten will. Wieso sind an der Neugasse dann nur ein Drittel genossenschaftliche Wohnungen geplant?
Zu den preisgünstigen Wohnungen gehören sowohl jene, welche die SBB selber erstellt, als auch jene, die via Baurechte ermöglicht werden. Im Falle der Neugasse sind das jeweils ein Drittel.